Pflicht-Sprachunterricht 2025: Prien fordert bundesweite Sprachförderung für Kinder

Bundesweite Sprachdefizite: Lehrerinnen schlagen Alarm
Am 26. Juni 2025 wurde in der ZDF-Sendung “Markus Lanz” über die zunehmenden sprachlichen Defizite bei Kindern in deutschen Grundschulen diskutiert.
Die Grundschullehrerin Katja Giesler beschrieb, dass viele Kinder heutzutage nicht mehr in der Lage seien, grundlegende Begriffe des Alltags zu verstehen, was ein tiefgreifendes Symptom für mangelnde Sprachkompetenz sei.
Die Fähigkeit, einfache Texte zu lesen und zu verstehen, sei heute längst nicht mehr bei allen Schulkindern gegeben, obwohl dies früher als selbstverständlich galt.
Diese Herausforderungen betreffen sowohl Kinder mit Migrationshintergrund als auch solche, die in Deutschland geboren wurden.
Die Ursachen reichen von veränderten Familienstrukturen über fehlende sprachliche Vorbilder im Elternhaus bis hin zu unzureichender frühkindlicher Förderung.
Studien und Beobachtungen vieler Lehrkräfte belegen diese Entwicklung und zeigen auf, dass die Sprachdefizite erhebliche Auswirkungen auf andere Unterrichtsfächer haben.
Kinder mit geringen Sprachkenntnissen können dem Unterricht in Mathematik, Sachkunde oder Kunst kaum folgen, was zu einer Kette an Bildungsnachteilen führt.
Ergänzend dazu hat die Digitalisierung, so hilfreich sie in vielen Bereichen ist, auch ihre Schattenseiten gezeigt.
Kinder verbringen mehr Zeit mit digitalen Medien, während gleichzeitig der kommunikative Austausch im Familienalltag abnimmt.
Diese Entwicklung führt dazu, dass viele Kinder weniger sprachliche Anregung im Alltag erhalten.
Der Umgang mit Büchern, Geschichten oder gezielten Sprachanlässen wird oft vernachlässigt, was sich bereits im Vorschulalter negativ auswirken kann.
Zudem mangelt es in vielen Haushalten an einem strukturierten Sprachumfeld, in dem Lesen, Vorlesen und aktives Zuhören gefördert werden.
Frühzeitige Sprachtests als Bildungsmaßnahme
Als Reaktion auf diese alarmierenden Zustände schlug Bundesbildungsministerin Karin Prien eine verpflichtende Sprachförderung für Kinder vor, die vor der Einschulung nicht ausreichend Deutsch sprechen.
Dabei solle der genaue Ort der Förderung – ob im Kindergarten oder in der Schule – flexibel gestaltet sein.
Wichtig sei laut Prien jedoch, dass jedes Kind zwischen vier und sechs Jahren sprachlich getestet werde, um gezielt fördern zu können.
Ihr Vorschlag sieht vor, dass diese Tests im Rahmen einer vorgezogenen Schuluntersuchung oder im Rahmen regulärer kinderärztlicher Vorsorgeuntersuchungen stattfinden.
Auch wenn solche Tests bereits teilweise existieren, betont sie die Notwendigkeit einer systematischen Umsetzung in allen Bundesländern.
Ziel sei es, Bildungsgerechtigkeit zu schaffen, indem alle Kinder mit vergleichbaren Sprachkompetenzen in die Schule starten.
Denn wer bereits zu Schulbeginn sprachlich zurückliegt, hat schlechtere Startbedingungen und geringere Chancen, den schulischen Anforderungen gerecht zu werden.
Frühzeitige Sprachförderung könne diesen Nachteil ausgleichen und langfristig zu besseren schulischen und beruflichen Perspektiven führen.
Zusätzlich könnten auch digitale Diagnosetools eine Rolle spielen.
Diese könnten über Tablets oder Computer Sprachkenntnisse altersgerecht erfassen und Lehrkräften helfen, individuelle Förderpläne zu erstellen.
Eine enge Verzahnung zwischen Bildungseinrichtungen, Eltern und medizinischem Fachpersonal wäre essenziell, um eine lückenlose Sprachentwicklung sicherzustellen.
Ebenso wäre es sinnvoll, regelmäßige Fortschrittskontrollen durchzuführen, um den Erfolg der Maßnahmen messbar zu machen.
Überlastung der Schulen durch steigende Vielfalt
In Wiesbaden reichte eine Gruppe von Lehrkräften, initiiert von Katja Giesler, eine Sammel-Überlastungsanzeige ein, an der sich 41 der 66 Grundschulen im Bezirk beteiligten.
Diese Maßnahme sollte verdeutlichen, dass die Herausforderungen längst nicht mehr nur Einzelfälle betreffen, sondern strukturelle Ursachen haben.
Die Zusammensetzung der Klassen sei durch eine zunehmende Heterogenität geprägt, was Lehrkräfte zunehmend an ihre Belastungsgrenzen bringe.
In einigen Schulen liege der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund bei bis zu 80 Prozent.
Hinzu kämen viele sozial-emotionale Herausforderungen, die mit dem Schulalltag einhergingen. Lehrkräfte sähen sich mit einer Vielzahl individueller Problemlagen konfrontiert, gleichzeitig müssten sie immer mehr Verwaltungsaufgaben übernehmen.
Diese strukturelle Überlastung wird durch fehlende Räume, veraltete Infrastruktur und eine unzureichende Ausstattung mit digitalen Mitteln weiter verschärft.
Hinzu kommt der Mangel an qualifizierten Fachkräften für die Sprachförderung, was eine zielgerichtete Unterstützung der betroffenen Kinder erschwert.
Gleichzeitig fehlen in vielen Bundesländern multiprofessionelle Teams, die neben Lehrkräften auch Schulpsychologen, Sozialpädagogen und Therapeuten umfassen.
Ohne diese ganzheitliche Unterstützung bleibt die Schule alleiniger Ort der Kompensation, was langfristig nicht tragbar ist.
Auch die Integration von Ehrenamtlichen und externen Bildungspartnern könnte eine ergänzende Rolle spielen, um die Vielfalt im Klassenzimmer besser zu bewältigen.
Lehrermangel und der wachsende Anteil an Quereinsteigern
Ein weiteres Problem, das in der Diskussion zur Sprache kam, ist der zunehmende Einsatz von Quereinsteigern. In manchen Schulen sei bereits über ein Drittel des Personals nicht pädagogisch ausgebildet.
Mangels Alternativen würden oft Studierende oder Personen aus dem persönlichen Umfeld eingesetzt, um Unterrichtslücken zu schließen.
Diese Personen verfügten nicht über die notwendige pädagogische Ausbildung, würden jedoch durch ihren Einsatz im Schulbetrieb oft nach einiger Zeit in feste Anstellungen überführt.
Dies werfe grundlegende Fragen zur Qualität des Unterrichts auf und verdeutliche den Druck, unter dem die Schulen stehen.
Während Prien darauf verwies, dass in ihrem Bundesland Schleswig-Holstein Quereinsteiger nicht unterrichten dürften, zeigen Erfahrungsberichte aus anderen Regionen, dass diese Praxis bundesweit unterschiedlich gehandhabt wird.
Diese Unterschiede offenbaren die fehlende Einheitlichkeit in der deutschen Bildungspolitik und machen eine stärkere Koordination auf Bundesebene notwendig.
Der Lehrermangel hat sich in den vergangenen Jahren weiter verschärft.
Prognosen gehen davon aus, dass bis 2030 zehntausende Lehrkräfte fehlen werden.
Ohne gezielte Nachqualifizierungen, bessere Arbeitsbedingungen und langfristige Personalstrategien droht der Unterrichtsausfall weiter zuzunehmen.
Politische Verantwortung und Reformbedarf
Die aktuellen Herausforderungen erfordern ein konsequentes Umdenken in der Bildungspolitik.
Kurzfristige Maßnahmen reichen nicht mehr aus. Vielmehr müssen strukturelle Reformen eingeleitet werden, die langfristige Wirkungen entfalten.
Dazu gehören kleinere Klassen, mehr Unterstützungspersonal, flexible Förderangebote und Investitionen in moderne Infrastruktur.
Ein zentrales Element ist dabei die Digitalisierung. Der gezielte Einsatz digitaler Tools kann nicht nur den Unterricht effizienter machen, sondern auch individuelle Sprachförderung ermöglichen.
Gleichzeitig muss die Schulsozialarbeit ausgebaut werden, um den steigenden sozialen Anforderungen gerecht zu werden.
Zudem ist die Einbindung der Eltern von zentraler Bedeutung. Bildungsprozesse beginnen im Elternhaus – und gerade bei Familien mit Migrationshintergrund ist eine enge Zusammenarbeit erforderlich.
Hier können gezielte Programme und Elterntrainings dazu beitragen, eine unterstützende Bildungsumgebung zu schaffen.
Auch auf Ebene der Lehrerbildung sind Reformen notwendig. Mehr Praxisanteile im Studium, ein verstärkter Fokus auf interkulturelle Kompetenzen und attraktive Bedingungen für den Berufseinstieg könnten helfen, mehr junge Menschen für den Lehrerberuf zu begeistern.
Darüber hinaus müssen Bund, Länder und Kommunen enger zusammenarbeiten, um Synergien zu nutzen.
Der Aufbau eines nationalen Kompetenzzentrums für Sprachförderung könnte als zentrale Instanz dienen, um bundesweite Standards zu entwickeln, Fortbildungsprogramme zu koordinieren und Innovationen zu fördern.
Langfristig sollte das Ziel sein, ein Bildungssystem zu schaffen, das jedem Kind – unabhängig von Herkunft, Sprache oder sozialem Umfeld – eine faire und gleichwertige Chance auf Bildungserfolg bietet.
Dafür sind nicht nur politische Maßnahmen nötig, sondern auch ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Bedeutung von Sprache als Schlüssel zur Teilhabe.
📚 Aspekt | Vorher (Status Quo) | Nachher (Geplante Maßnahmen) |
---|---|---|
🗣 Sprachförderung | Uneinheitliche Förderung, abhängig vom Bundesland | Verpflichtende Sprachtests und bundesweite Frühförderung |
👩🏫 Lehrermangel | Zunehmender Mangel an qualifiziertem Personal | Gezielte Personalstrategie und bessere Arbeitsbedingungen |
🏫 Strukturbelastung | Überforderte Schulen und Verwaltung | Koordinierte Maßnahmenbündel zur Entlastung |
💻 Digitale Bildung | Lückenhafte Ausstattung und fehlende Konzepte | Stärkung der digitalen Kompetenzen und Infrastruktur |
🎯 Chancengleichheit | Starke Abhängigkeit vom sozialen Hintergrund | Verbesserte Gleichstellung durch gezielte Förderung |